Patientenrechte gestärkt – Freispruch trotz mehr als 900 Gramm Cannabis

DHV-Meldung, vom 20. 09. 2007
Mit einem Freispruch endete heute vor dem Berliner Landgericht ein Prozessmarathon, der bereits vor 5 Jahren begann. Damals hatte die Polizei bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten Peter S. nicht nur mehr als 900 Gramm Cannabispflanzenteile und Haschisch beschlagnahmt, sondern auch seine Cannabiszucht zerstört. Die Staatsanwaltschaft warf ihm daraufhin unerlaubten Besitz, Anbau und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vor und forderte eine Haftstrafe.

Peter S. und sein Rechtsanwalt Lüko Becker wiesen die Vorwürfe umgehend zurück und erklärten, dass der Angeklagte die Cannabispflanzen ausschließlich für die Eigentherapie nutze.

Der Angeklagte leide an einer HIV-Infektion, einer Hepatitis C- Erkrankung, einer Polyneuropathie (Nervenentzündung) und kämpfe gegen Gewichtsverlust als Folge einer chronischen Bauchspeicheldrüsenerkrankung.
Zur Linderung der aus der Vielzahl der Erkrankungen erwachsenden Schmerzen und zur Verhinderung von Muskelkrämpfen nutze Peter S. bis zu acht Gramm Cannabis pro Tag. Dieses würde er zum Teil rauchen oder als Tee konsumieren. Einen Teil seiner Ernte habe er mit Melkfett zu einer Salbe verarbeitet, mit der Wickel gegen seine Knie- und Beinschmerzen präpariere. Außerdem mache er regelmäßig Sitzbäder für die er größere Mengen Cannabisblätter nutze.

An der grundlegenden Strafbarkeit des Anbaus und Besitzes von Cannabis ändere dies zwar nichts, jedoch sei das Verhalten des Peter S. in diesem Fall nicht rechtswidrig, weil er sich in einer Situation “rechtfertigenden Notstands” nach §34 Strafgesetzbuch (StGB) befinde. Zur Behandlung der aus seinem Krankheitsbild resultierenden Schmerzen stehe ihm kein anderes geeignetes Mittel zur Verfügung. Weil sein Leben ohne die illegale Cannabistherapie massiv gefährdet sei, müsse das Gericht Peter S. freisprechen.

Nachdem auch der behandelnde Arzt und ein unabhängiger Sachverständiger die Einlassungen des Angeklagten und den therapeutischen Nutzen einer Behandlung mit Cannabis beim vorliegenden Krankheitsbild bestätigten, folgte das Amtsgericht Tiergarten in einer Entscheidung aus dem Jahr 2004 der Sicht des Angeklagten und sprach ihn frei.
Die Staatsanwaltschaft erzwang daraufhin eine Berufung vor dem Landgericht. Dieses verurteilte Peter S. 2005 zu einer Haftstrafe von 6 Monaten ohne Bewährung.
Da die verhängte Haftstrafe höchstwahrscheinlich mit einer massiven Verschlechterung seines Gesundheitszustandes einhergehen würde, legte diesmal der Angeklagte Revision gegen das Urteil des Landgerichts ein.

Mit der Revision beschäftigte sich im Jahr 2006 das Kammergericht, welches die Berufungsentscheidung des Landgerichts aufhob und das Verfahren an eine andere Kammer des Landgerichts zurück verwies. Diese Kammer verwarf nach neuerlicher Prüfung die Berufung der Staatsanwaltschaft und bestätigte den Freispruch des Amtsgerichts. Auch gegen diese Entscheidung legte die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel ein.

Der, durch die Staatsanwaltschaft per Revision erzwungenen, neuerlichen Überprüfung des Berufungsurteils durch das Kammergericht hielt die Begründung der Entscheidung jedoch nicht stand. Sie wurde deshalb am 25.05.2007 aufgehoben und das Berufungsverfahren erneut an das Landgericht übergeben.

Also musste eine dritte Kammer des Landgerichts über das Urteil des Amtsgerichts von 2004 befinden. Bei der heutigen Berufungsverhandlung wurde noch einmal die Krankengeschichte von Peter S. dargelegt und sein Arzt, sowie ein Sachverständiger als Zeugen gehört. In ihrem Schlussplädoyer forderte die Staatsanwältin 5 Monate Haft, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden sollten. Der Richter und die beiden Schöffen folgten dem Antrag jedoch nicht, sondern lehnten die Berufung ab.

Wenn die Staatsanwaltschaft dieser Entscheidung nicht innerhalb einer Woche widerspricht, gilt damit nach fast 4 Prozessjahren wieder das ursprüngliche Urteil des Amtsgerichts Tiergarten. Die unnötig entstandenen Mehrkosten trägt die Staatskasse.

Dazu Steffen Geyer vom Deutschen Hanf Verband: “Es wird Zeit, dass die Eigentherapie mit Haschisch oder Marihuana legalisiert wird. Dies muss auch für die dazu nötigen Handlungen, also Anbau, Erwerb und Besitz von Cannabis gelten.

Der DHV kann und wird es nicht hinnehmen, dass Patienten leiden, nur um ein längst wissenschaftlich und politisch überholtes Verbot aufrecht zu erhalten. Ich gratuliere Peter S. und seinem Rechtsanwalt Lüko Becker zu diesem Triumph gegen eine menschenverachtende Justizmaschine und wünsche allen Patienten, die noch auf ihr Urteil warten, ähnliche Erfolge.”

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18.11.2006: SCM – Selbsthifenetzwerk-Cannabis-Medizin gegründet

Liebe Freunde,
Heute haben sich 17 Patienten in Mannheim getroffen und das Selbsthilfenetztwerk-Cannabis-Medizin SCM gegründet.

Wir haben gemeinsam folgendes Statut beschlossen:

Statut für das Selbsthilfenetzwerk der Patienten im ACM

Angesichts der Tatsache, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und sein Dienstherr, das Bundesgesundheitsministerium das Grundrecht auf medizinische Versorgung von Patienten, die Cannabis als Medizin brauchen seit vielen Jahren schon ignoriert und mit Füßen tritt

angesichts der Tatsache, dass das BfArM die Weisung des Bundesverwaltungsgerichts die Erlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis durch Patienten in Erwägung zu ziehen, unterläuft, in dem es für die Erlaubnis Auflagen stellt, die von Privatpersonen nicht zu erfüllen sind

angesichts der Tatsache, dass der einzelne Patient weder gesundheitlich noch finanziell in der Lage ist, sich dagegen zu wehren

angesichts der Tatsache, dass der größte Teil der Bevölkerung die notwendige Versorgung von Patienten mit Cannabis befürwortet schließen sich die betroffenen Patienten zu einem Selbsthilfenetzwerk zusammen.

Zweck des Netzwerkes ist die legale Selbstversorgung der betroffenen Patienten mit schad-und fremdstofffreiem Cannabis zum Selbstkostenpreis.

Der Zweck wird verwirklicht durch die gemeinsame Organisierung einer Produktionsfläche, die den Auflagen des BfArM entspricht sowie weitere, mit dem BfArM oder anderen staatlichen Stellen noch auszuhandelnden Möglichkeiten.

Mitglied kann jede/r Patient/in werden, die/der chronisch krank ist und ein Gutachten durch einen Vertrauensarzt des Selbsthilfenetzwerkes aus dem IACM vorlegt, dass die Wirkung von THC bei der eigenen Krankheit nicht unwahrscheinlich ist.

Mitglied kann jede/r Angehörige werden, der wegen der Einschränkungen des Patienten, dessen Versorgung übernommen hat.

Das Selbsthilfenetzwerk ist Teil der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) und arbeitet im Rahmen der ACM-Satzung.

Die einzelnen Mitglieder, sind Mitglied des ACM.

Das Netzwerk organisiert sich autonom.

Die Mitglieder des Netzwerkes wählen 2 Sprecher, die Mitglied im ACM-Vorstand werden und die Interessen des Netzwerkes nach außen vertreten.

Soweit, das Statut.
Alle Patienten, die die im Statut genannten Voraussetzungen erfüllen, können dem SCM beitreten und wir hoffen, dass viele diese Gelegenheit nutzen, dem BfArM geschlossen entgegenzutreten.

Mehr dazu im Forum vom Cannabis-Med: im SCM Thread vom 18.11.2006

Selbsthilfegruppe-Cannabis-Medizin Mannheim gegründet!

Ab sofort gibt es in Mannheim eine Selbsthilfegruppe-Cannabis-Medizin.

Sie trifft sicht jeden ersten Freitag im Monat von 17:00 Uhr-18:30 Uhr .

Der erste Termin ist am ersten Freitag im Januar.

Das Treffen findet im:
Gesundheitstreffpunkt Mannheim e.V.
Alphornstr. 2a
68169 Mannheim

statt.

Viele Grüße und herzlich willkommen!

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