Cannabis Social Clubs: Das Spanische Modell – ENCOD Bulletin 58

NR 58 DEZEMBER 2009

CANNABIS SOCIAL CLUBS: DAS SPANISCHE MODEL

In Spanien ist das Konsumieren von Cannabis bis zu einen gewissen Grad toleriert. Aber es gibt noch einiges zu tun, denn in den Dekaden der Prohibition haben die Massenmedien die Pflanze und ihre Nutzen stigmatisiert.

Das Gesetz sieht Gefängnisstrafen für diejenigen vor, die Anbauen und Besitzen mit dem Zweck des Handels. Außerdem gibt es noch Bußgelder für diejenigen, die Besitzen und Konsumieren in öffentlichen Plätzen. Trotzdem sind Konsum und Produktion für den Eigenbedarf erlaubt. Diese juristische Zweideutigkeit erzeugt nachteilige Effekte, nicht nur bei denen die für den Eigenbedarf anbauen – wo Polizeiinterventionen gegen Kleinstbauern an der Tagesordnung sind – sondern auch in der Gesellschaft als ganzes. Es gibt einen Anstieg bei den Diebstählen mit Cannabisbezug und es wird keine Polizei eingeschaltet, da die Gärtner Angst vor der Strafverfolgung haben. Das alles Arbeitet dem Schwarzmarkt zu.

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Informationen für das BMG und Sabine Bätzing

Wir sind nicht untätig gewesen, aber leider ist folgendes etwas untergegangen: Wir haben Sabine Bätzing umfassende Konzeptpapiere zum Cannabis Social Club zukommen lassen. Das Bundesgesundheitsministerium ist jetzt sozusagen bestens, auch in Internet-Ausdruckerfreundlicher Form informiert. Leider ist bis zum heutigen Tage noch keine Antwort angekommen.

Beleg über das Cannabis Social Clubs Einschreiben an Sabine Bätzing, Drogenbeauftragte der Bundesregierung

Sabine Bätzing antwortet auf Cannabis Social Clubs Anfrage

Sabine Bätzing, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung hat wie folgt auf die Anfrage zu den Cannabis Anbauvereinen auf Abgeordnetenwatch geantwortet:

Sehr geehrter Herr …,

vielen Dank für Ihre Überlegungen. Eines der wichtigsten drogenpolitischen Ziele ist es, das Risko gesundheitlicher und sozialer Schäden durch den Konsum psychoaktiver Substanzen zu vermeiden oder zu lindern. Die einfachste und wirksamst wirksamste Weise, dies zu erreichen, ist immer noch die Vermeidung von Drogen beziehungsweise die Reduzierung des Konsums. Wenn man aus einem Schwarzmarkt einen legalen Markt macht, erreicht man aller Voraussicht nach lediglich eine Verlagerung des Konsums auf den „legalen“ Markt. Für das drogenpolitische Ziel der Konsumreduzierung ist dadurch aber nichts gewonnen. Dieses Ziel gilt aber auch für den von Ihnen angesprochenen Cannabis nach wie vor; so hat der mich beratende Drogen- und Suchtrat erst kürzlich wieder empfohlen, eine weitere Reduzierung des Cannabiskonsums anzustreben – ein Ziel, das ich unterstütze. Das von Ihnen vorgeschlagene Modell, über einen Vereine über Risiken und Nebenwirkungen des Cannabiskonsums aufzuklären, könnte durchaus zur Prävention beitragen – wenn damit nicht gleichzeitig das Ziel verbunden ist, den Eigenanbau von Cannabis zu fördern.

Mit freundlichen Grüßen
Sabine Bätzing (12.6.2009)

BMG im Urlaub: Über 5600 warten auf Abgeordnetenwatch

Die Zahl der interessierten Personen zu der Anfrage zu Cannabis Social Clubs auf Abgeordnetenwatch steigt immer weiter. Zur Zeit warten 5650 Personen auf eine Antwort auf die große Sache: Sein Gras selber anbauen zu können: Kontrolliert in der Qualität, mit Beratung und mit einem strengen Jugendschutzsystem.

Der Antragsteller Martin Steldinger hat am 2. Juni beim BMG angerufen und erfahren, dass der die Anfrage bearbeitende Mitarbeiter zur Zeit im Urlaub sei und erst nächste Woche im Hause sei. Spätestens dann sollten wir mehr Informationen über den Stand der Dinge erfahren.

Abgeordnetenwatch und Cannabis Social Clubs

Zur Zeit läuft auf Abgeordnetenwatch.de eine Anfrage an die Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzing welche die Cannabis Social Clubs betrifft. Zur Zeit sind dort 10 interessierte Personen verzeichnet. Wenn dich das Thema der Cannabisanbau Vereine interessiert – setze dich mit auf die Interessiertenliste bei Abgeordnetenwatch. Um so mehr dabei mitmachen, um so eher zeigen wir den Politikern was wir von ihnen wollen!

Sehr geehrte Frau Bätzing,

sie haben am 24.2.2009 Herrn Rehan geantwortet, dass Sie zustimmen, dass dem illegalen Drogenhandel die Existenzgrundlage entzogen werden muss, um gesundheitliche und soziale Schäden zu vermeiden.

Dieser Meinung bin ich auch. Ein illegaler Handel findet per Definition nur in einem Schwarzmarkt statt.

Bitte berichtigen Sie mich, es müsste in Ihrem Interesse liegen, möglichst viele Menschen von dem Schwarzmarkt fern zu bekommen?

Während der UN-Suchtstoffkommission Sitzung diesen Jahres hat u.a. Deutschland die sog. Schadensminderung („Harm Reduction“) in die Anhänge zu den internationalen Vereinbarungen gefordert.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Thema Cannabis kommen.

Wenn Sie mir zu den oberen Punkten zustimmen können, wäre es nicht in Ihrem Interesse, ein Modell zu finden, um die Menschen zu erreichen, die bislang nur schwer zu erreichen sind?

Ich möchte an dieser Stelle das Modell des Cannabis Social Clubs empfehlen.

„Ein Cannabis Social Club ermöglicht erwachsenen Patienten und Konsumenten der Cannabispflanze, die Möglichkeit, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten, einen gemeinnützigen Verein zu schaffen.

Dieser Verein ermöglicht und unterstützt den Anbau der Cannabispflanze für den Eigenbedarf. Damit werden die Mitglieder aus dem Schwarzmarkt geholt und dort eine Nachfragereduzierung erwirkt.

Der Verein berät die Mitglieder über Wirkungen, Nebenwirkungen, die medizinische Wirkung und er ermöglicht und unterstützt den eigenen Anbau zur Selbstversorgung.“

In diesem Zusammenhang, weitere Fragen:

1) Ist ein solches Modell für Sie denkbar?

2) Welche Modifikationen und/oder Vorraussetzungen müssen gegeben sein?

3a) Müsste ein solcher Verein per juristischer Definition eine Ausnahmegenehmigung für dem Umgang mit BTM benötigen?

3b) Liegt das Problem auch bei einer sog. „geringen Menge“ vor?

3c) Liegt das Problem auch bei einer sog. „geringen Menge“ zum unmittelbaren Konsum vor?

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Wir sind gespannt und Berichten!

Quelle der Anfrage ist die Hanfplantage.

Update:

Die Anfrage auf Abgeordnetenwatch zu Cannabis Social Clubs hat zur Zeit über 3800 Mitzeichnungen! Einiges – Respekt!

Konsumenten-Klubs: Europäisches Modell für die Eindämmung des Cannabis-Marktes

Wie geht es mit der Legalisierung / Regulierung des Cannabis in Europa weiter? Ein Modell wäre, auf die Straffreiheit von Eigenanbau und -Handel hinzuwirken und sogenannte “Konsumenten-Klubs” zu etablieren.

Ich bin überzeugt, dass der einzige Weg zu einem normalisierten Status für Cannabis darin liegt, gemeinsam ein generelles Praxismodell für die Zukunft zu erarbeiten. Durch das momentan in der Welt herrschende moralische Klima wird es wahrscheinlich weitere 10 Jahre dauern, bis sich eine offizielle Debatte um „Legalisierung“ oder „Regulierung“ in unserem Sinne entwickelt. Wenn dieser Moment eintrifft, müssen wir ein funktionierendes Konzept parat haben. Nur so ist es möglich, unsere Vorstellungen in die politische Diskussion einzubringen und zu verhindern, dass andere Modelle wie Staatsmonopol oder Pharmazie in die Lücke springen.

Im Gegensatz zur Vorstellung vieler Leute, bedarf es eigentlich gar nicht so vieler Änderungen, um unser gutes Kraut zu legalisieren / normalisieren / regulieren. Doch um dies zu erreichen, benötigen wir eine breite Zustimmung. Beide, Prohibitionisten und Anti-Prohibitionisten, müssen einverstanden sein. Und die Voraussetzung dafür ist, dass wir dieselbe Sprache sprechen.

Damit Cannabis wie andere vergleichbare Produkte behandelt werden kann, ist es konsequenterweise klar, dass auch die entsprechenden gesundheitlichen Auflagen gewahrt sein müssen. Es versteht sich von selbst, dass in einer Gesellschaft, in der im öffentlichen Raum Einschränkungen punkto Rauchen und Alkoholkonsum gelten, nicht verlangt werden kann, eine Pflanze wie Cannabis so zu behandeln, als wäre es eine Tomate. Cannabis kann mit keinem anderen pflanzlichen Produkt verglichen werden und auch unsere Seite muss das akzeptieren. Wenn wir uns eingestehen und kommunizieren, dass der Konsum nicht unbedingt harmlos ist, meinen wir dabei noch lange nicht, dass er gefährlich sei.

Solange sich die UN-Drogenkonventionen nicht ändern, bleibt uns als einzige Möglichkeit, Vorbereitungen zu treffen. Nach all den Jahren des Kampfes haben wir es (in Spanien) geschafft, das Recht auf den Konsum zu etablieren. Die Mehrheit der Richter ist der Meinung, dass Anbau zum Eigenbedarf keine Straftat mehr sein solle. Und trotzdem bezieht sich der Gesetzgeber nach wie vor auf die „Gefährlichkeit“ des Cannabis und sieht vor, sämtliche Produktion zu verbieten.

Ich denke, ein guter Schritt auf dem Weg zur Normalisierung ist das Konzept sogenannter „Konsumenten-Klubs“. Die Entwicklung eines solchen Modells mit Erlaubnis der Behörden und unter Mitwirkung von Experten wäre ein guter Ansatz, um in Zukunft unser Kraut einigermassen handeln zu können. Ein solches Konzept sollte auch in den Interessen der Behörden liegen, da es namentlich die Risiken missbräuchlichen Konsums reduziert, zu Steuereinnahmen beitragen könnte und zusätzlich dem Jugendschutz Rechnung trägt.

Als Voraussetzung dafür, dass ein “Konsumenten-Klub”-Modell von den Behörden abgesegnet werden kann, bedarf es einer Form der Strafbefreiung von Konsum und Besitz bei Eigenbedarf. Dies ist in der Tat auch bereits die einzige Massnahme, die ein Staat durchführen darf, ohne die UN-Drogenkonventionen zu verletzen. Unter diesem Gesichtspunkt wäre also der nächste Schritt, dass es Organisationen erlaubt würde, entsprechend ausgestattete Räumlichkeiten zum Konsum von Cannabis zu unterhalten. Mit „entsprechend ausgestattet“ ist die Idee gemeint, dass jedem Klub-Mitglied das gewünschte Produkt gegeben werden kann, wenn es selber keine Möglichkeit zum Anbau, das Wetter seine Ernte ruiniert oder es einfach nichts dabei hat. Prinzipiell würde die Produktion im Klub selber stattfinden (zur Vermeidung allfälliger Probleme, die durch Transport entstehen könnten) und das Produkt würde den Klub in minimalen Mengen verlassen (zum Beispiel in kleinen Beutel à 10 Gramm bei einem Maximum von 5 Beutel je Mitglied und Einkauf). Und dabei würde der Klub natürlich nur soviel Cannabis produzieren, wie es durch die Nachfrage seiner Mitglieder legitim ist.

Bei einem solchen Modell gäbe es auch keine Gründe zur Beanstandung punkto Verkauf an Minderjährige (denn wie beim Fahrausweis, dem Recht zu Wählen oder der Erlaubnis sich zu betrinken, wäre der Eintritt in den Klub erst ab 18 Jahren gestattet).

Was bedeutet Eigenkonsum? Im Rahmen unserer hypothetischen Überlegungen gilt es als Erstes zu definieren, was wir unter „Eigenkonsum“ verstehen. Quantitativ ist meine Einschätzung, dass auch ein starker Cannabisraucher keinesfalls mehr als 30 Gramm täglich zu konsumieren vermag. Dies ergibt rund 10 Kilo pro Jahr. Eine draussen angebaute und sachgerecht gepflegte Cannabispflanze produziert ungefähr 500 Gramm. Man könnte folglich die Jahresproduktion zum Eigenkonsum festlegen und denkbar einfach kontrollieren: Die Beamten brauchen bloss die Stauden zu zählen.

Wenn sich Leute entscheiden, zusammen im Kollektiv anzubauen, braucht es natürlich einen Bereich, der gemeldet ist und akribisch abrechnet. Alle Pflanzen müssen einen Besitzer haben, damit keine kommerziellen Zwecke bestehen. Die Konsumenten-Klubs sind Non-Profit-Organisationen und die Anzahl der angebauten Pflanzen hat stets der Anzahl der Mitglieder zu entsprechen.

Mit diesen Klubs könnten übrigens auch Leute, die gegenwärtig auf den Strassen dealen, wieder „rezykliert“ werden. Viele von ihnen verfügen über ausgiebige Kontakte zu Konsumenten und könnten damit eine gewichtige Rolle beim Aufbau derartiger Klubs spielen.

Die Idee dabei ist klar: Es geht keinesfalls darum, einen unlimitierten Cannabis-Markt zu schaffen – produziert wird lediglich zur Deckung der bereits vorhandenen Nachfrage. Es besteht folglich auch kein Grund zur Annahme des Verkaufs an Dritte, da es schlicht keine Überschussmengen geben wird.

Um diese obigen Ziele zu erreichen, könnten wir damit beginnen, im kleinen Rahmen private Klub mit Kollektivplantagen – beispielsweise einige wenige Pflanzen pro Mitglied – zu etablieren. Unsere Erfahrungen (in Spanien) haben gezeigt, dass das Cannabis zu 2 Euro pro Gramm abgegeben werden könnte und damit die Produktionskosten (Raummiete, Gärtner, Elektrizität, Wasser, etc.) gedeckt wären.

Vor dem Eintritt in den Klub müssen sich die Mitglieder zum Zweck des Klubs bekennen. Jeden Mitglied zahlt dann monatlich seinen Anteil entsprechend der Konsummenge an den Klub. Ein solches System kann durchaus auf die Tolerierung seitens der Behörden spekulieren, denn es wäre gewährleistet, dass Dritten gegenüber kein Schaden entsteht und auch die öffentliche Ordnung nicht gestört wird.

Jaume Prats / Cañamo, Spain / June 2006 / Deutsche Übersetzung: Chanvre Info